- Höhere Insolvenzquote und mehr gerettete Arbeitsplätze
- Sanierte Unternehmen sehr zufrieden mit dem Verfahren
- Mehr Aufklärung über die Eigenverwaltung erforderlich
Sechs Jahre nach Inkrafttreten des ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) etabliert sich die Eigenverwaltung immer mehr zu einem Erfolgsmodell. Laut einer Studie des DIAI, des BV ESUG und der Westfälischen Hochschule zeigten sich 80 Prozent der Unternehmen, die ein solches Verfahren durchlaufen haben, mit dem Verlauf sehr zufrieden. Neun von zehn Unternehmer würden den Weg in einer Krise erneut gehen. Auch gesamtwirtschaftlich gesehen schneiden die Eigenverwaltungsverfahren deutlich besser ab als eine Regelinsolvenz: So erhalten die ungesicherten Gläubiger eine rund zwei- bis dreimal höhere Insolvenzquote und es werden deutlich mehr Arbeitsplätze gerettet. Im Durchschnitt bleiben 78 Prozent der Arbeitsplätze erhalten, die in einer Liquidation verloren gegangen wären.
„Die Eigenverwaltung nimmt mit steigenden Umsatz und steigender Mitarbeiterzahl immer weiter an Attraktivität zu. Damit hat das Insolvenzverfahren wesentlich zur Stärkung des
Wirtschaftsstandortes Deutschland beigetragen. In Zukunft wird es aber wichtig sein, dass weiter intensive Aufklärung betrieben wird, um möglichst vielen Unternehmen den Weg in die
Eigenverwaltung zu öffnen“, fasst Prof. Dr. Hans Haarmeyer, Leitender Direktor des DIAI, die Ergebnisse zusammen. Das Deutsche Institut für angewandtes Insolvenzrecht (DIAI) e.V. in Kooperation
mit dem Bundesverband ESUG und Sanierung Deutschland e.V. (BV ESUG) und dem Lehrstuhl für Wirtschaftsrecht an der Westfälischen Hochschule in Recklinghausen befragte 668 Unternehmer und
Insolvenzexperten zu ihren Erfahrungen und Einschätzungen. Diese hatten als Geschäftsführer oder CRO (Sanierungsgeschäftsführer) ein Eigenverwaltungsverfahren durchgeführt. Im ersten Teil der
Studie wurden die statistischen Daten analysiert, wie erfolgreich die Eigenverwaltungsverfahren im Vergleich zu Regelinsolvenzverfahren in den Jahren 2012 bis 2016 verlaufen sind und welche
Unterschiede zwischen den beiden Verfahrensarten bestehen. Danach gaben 82 Unternehmer Auskunft über die Zusammenarbeit der Akteure des Insolvenzverfahrens wie z.B. Berater, Sachwalter,
Insolvenzverwalter, Gläubigerausschuss und Richter.
„Erst jetzt, etwas mehr als sechs Jahre nach Inkrafttreten des ESUG, werden die Auswirkungen und insbesondere die Nachhaltigkeit der
Reformbemühungen sichtbar - für Gläubiger wie auch für Unternehmer“, erklärt BV ESUG Vorstand Robert Buchalik. Zwei Drittel der Unternehmer
seien weiterhin noch vollständig (ca. 60 Prozent) oder teilweise (6 Prozent) im Besitz ihres Unternehmens. Hier zeigt sich deutlich, welch überragende
Rolle die Eigenverwaltung mittlerweile für den Mittelstand spielt. Denn in der Regelinsolvenz ist der Unternehmenserhalt für den bisherigen Eigentümer nach wie vor die absolute Ausnahme. „Damit
steigt die Motivation für den Unternehmer, frühzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen: Denn nur, wenn er
nicht von vornherein damit rechnen muss, dass er sein Unternehmen verliert, macht der frühzeitige Insolvenzantrag für ihn Sinn“, ergänzt Buchalik.
Im Vergleich mit den Regelinsolvenzverfahren liegen die Planquoten in Eigenverwaltungsverfahren deutlich höher. Die Deckungsquote über alle Unternehmensinsolvenzen, die im Zeitraum 2012 bis 2016
eröffnet wurden, lag laut Destatis im Durchschnitt bei 4,1 Prozent. Aus der Untersuchung von 63 erfolgreich vom Insolvenzgericht bestätigten Insolvenzplänen ging hervor, dass in 52 Prozent der
Fälle den ungesicherten nicht nachrangigen Insolvenzgläubigern eine Planquote zwischen 5 und 10 Prozent angeboten werden konnte. In 16 Prozent der Verfahren erhielten die Gläubiger sogar
eine Quote zwischen 10 und 22 Prozent. Für ungesicherte Kleingläubiger ließ sich in neun Verfahren darüber hinaus eine durchschnittliche Quote von 52 Prozent erzielen. Die durchschnittliche Quote
in Insolvenzplanverfahren liegt damit deutlich über 10 Prozent. Darüber hinaus ist die Zeitspanne bis zur Auszahlung einer Quote an die Gläubiger und damit bis zur Aufhebung des
Insolvenzverfahrens in einem Eigenverwaltungsverfahren mit durchschnittlich zwölf Monaten (75%) deutlich kürzer als in einem Regelverfahren, das sich über mehrere Jahre hinziehen kann.
„Der deutsche Gesetzgeber hat ein erfolgreiches Instrument geschaffen, um Unternehmen unter Insolvenzschutz zu sanieren. Über ein
vergleichbares Sanierungsinstrument verfügt jedenfalls in Europa kein anderes Land. Als wichtigste Erkenntnisse haben die befragten Unternehmer
ausgeführt, dass es auf die rechtzeitige Antragstellung und professionelle Beratung im Wesentlichen ankommt“, resümiert Prof. Dr. Achim
Albrecht (Westfälische Hochschule).